Einen anderen Mann seinen Freund zu nennen hat etwas Prickelndes und braucht viel Mut!

Ein Beitrag von Wolfgang Burtscher mit einem Kommentar von Edgar Ferchl-Blum

 

Freundschaften sind Beziehungen, die wir weitgehend selbst definieren können. Familiäre Beziehungen oder Beziehungen am Arbeitsplatz können wir uns, im Gegensatz zu Freundschaften, nicht selbst aussuchen. Freundschaften sind, anders als z.B. die Ehe, außerhalb eines juristischen Rahmens, ganz privat und manchmal nicht ganz nachvollziehbar, ähnlich wie eine Liebesbeziehung.

In Janoschs Kinderbuch „Oh wie schön ist Panama“ sagt der kleine Tiger einen Satz, der die Wirkung von Freundschaften auf uns Menschen schön zum Ausdruck bringt: „Wie gut, wenn man einen Freund hat, der ein Floß bauen kann. Dann braucht man sich vor nichts zu fürchten.“

Wenn wir starke Freunde haben, auf die wir uns verlassen können, dann macht uns das Mut. In ihrer Nähe fühlen wir uns geborgen und selbstbewusst. Forscher gehen davon aus, dass die Nähe zu Freunden Stress, Angst, und Unsicherheit reduziert. Der Grund dafür ist das Bindungshormon Oxytocin, das unser Körper vermehrt ausschüttet, wenn wir von Freunden umgeben sind. Allerdings brauchen wir, wie der kleine Tiger, starke, selbstbewusste Freunde. Wenn ich Mountainbiketouren unternehme, dann mache ich das am liebsten mit Freunden, die ähnliche Ziele verfolgen, gut auf sich selbst achten können, und mir in schwierigen Situationen zur Seite stehen. Was sie vor allem auszeichnet ist, dass sie auf mich Rücksicht nehmen oder mit mir umkehren, wenn ich mir zu viel vorgenommen habe. Das erzeugt unter uns eine unverwechselbare, intime Nähe, die wir sehr genießen. Das heißt, wenn wir uns mit starken Freunden umgeben, dann macht uns das selbstbewusster und mutiger. Freunde verleihen mir eine Sicherheit, die weder Geld noch eine Versicherung mir je bieten kann.

Trotz dieser großen Bedeutung von Freundschaften für unser Leben beobachte ich, dass es Männern schwer fällt, intime Freundschaften zu finden und sie zu pflegen. Ich denke, das hat mit dem Selbstverständnis der Männer, dem Rollenbild in unserer Gesellschaft zu tun. Während Frauen in den meisten Kulturen lernen, Ängste zu artikulieren, werden Männer in ihrer Erziehung dazu nicht ermutigt. Wenn diese Blockaden gelöst und die Berührungsängste überwunden sind, Männer lernen, sich mit ihrer Emotionalität zu zeigen, dann ist das die beste Voraussetzung für eine intime Freundschaft. Eine Beziehung die der Verliebtheit oft zum Verwechseln ähnlich ist.

Leider verlieren wir Freundschaften, die in der Kindheit oder während der Ausbildung entstanden sind, aus den Augen.  Meist hat das damit zu tun, dass wir die Beziehungen zu unseren Kindern, den Partnern oder Arbeitskollegen priorisieren und Freundschaften hintanstellen. Wenn der „interne Arbeitsspeicher“ voll ist, werden als weniger dringlich bewertete Aufgaben zur Seite gelegt. Für Freundschaften ist, ähnlich wie das für Paarbeziehungen gilt, Stress der Beziehungskiller Nr. 1.

Dabei ist eine Freundschaft nicht weniger wichtig, nur weil man keinen Trauschein hat oder nicht biologisch verwandt ist. Pflegen wir unsere Freundschaften, besonders jene, die uns Mitgefühl und Verständnis entgegen bringen. Denn nichts muss man fürchten wenn man einen Freund hat.

 

Kommentar von Edgar Ferchl-Blum

Wolfgang schreibt in seinem Artikel, dass es Männern schwer fällt, intime Freundschaften zu finden und zu pflegen. Ist es nicht so, dass Männer oft Angst vor Nähe und Intimität haben? Angst davor, dass ihnen jemand zu nahe treten könnte oder sie jemandem zu Nahe kommen? Das vermeiden viele Männer, sie wollen sich nicht „in die Karten schauen lassen“. Vielleicht würde eine Schwäche sichtbar werden, die gar nicht dem Bild entspricht, das Männer anderen von sich zeigen möchten? Einen Mann meinen intimen Freund zu nennen hat etwas Prickelndes und braucht viel Mut!

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