Sturheit und Gefühle

Frage

Ich bin 48 Jahre alt, habe einen guten, aber zeitbeanspruchenden Job. Ich habe auch eine Familie mit 2 Kindern. Meine Ehe befindet sich leider schon seit ein paar Jahren in einer Krise. Das Problem ist folgendes: Ich weiß dass ich ziemlich stur bin und meine Gefühle nicht zeigen kann und auch nicht darüber sprechen kann. Ich kann meinen inneren Schweinehund einfach nicht überwinden. Vor allem, weil mich meine Frau – die übrigens auch sehr stur ist- immer wieder mit den gleichen Sachen ärgert, z.B.: wir diskutieren, sie beharrt auf ihrem Recht und ich auf Meinem. Sie wird laut und mir wird es zuviel weil sie nicht aufhört zu reden. Ich will aus dem Raum gehen und sie rennt mir nach und lässt mir meine Ruhe nicht. Dann gibt es erst recht einen Krach und so geht das die ganze Zeit. Unsere Kinder sagen dass wir uns endlich mal entscheiden sollen weil es so viel schlimmer sei als wenn wir geschieden wären. Außerdem fehlt auch der sexuelle Kontakt zwischen uns schon seit längerem. Auch Umarmungen und dergleichen kommen äußerst selten vor und dann nur von meiner Frau ausgehend. Diese Situation ist natürlich für alle sehr belastend und sollte endlich einmal geändert werden. Das Komische ist, dass grundsätzlich die Liebe da wäre. Es ist nur eben so dass meine Frau immer recht haben muss und um alles viel zu lange herumredet und ich eben ab und zu zu „gefühlskalt“ bin. Ich wäre wirklich froh wenn ich einen Rat bekommen würde. P.S.: Wir waren auch schon bei der Eheberatung, aber es hat nichts genützt.

Antwort

Sehr geehrter Herr!

Wenn ich Ihre Anfrage durchlese, fällt mir auf, dass Sie Ihr Anliegen sehr genau beschrieben haben und dass Sie dabei Ihre eigenen Anteile nicht außer Acht lassen. Sie schreiben, dass sich Ihre Ehe schon seit langem in einer Krise befindet, dass aber immer noch Liebe da ist. Im langjährigen Ehealltag kann es passieren, dass die Liebe immer mehr verblasst. Sie ist dann zwar noch vorhanden, aber eben ermattet und schwach. Sie erinnern Sich sicher noch an die erste Zeit mit Ihrer Frau, als Sie sie kennen und lieben lernten. Vielleicht können Sie Sich Erinnerungen an diese Zeit ins Gedächtnis rufen, alte Fotos betrachten, Briefe von damals wieder lesen, die Orte Ihrer ersten Treffen wieder aufsuchen. Das könnte Ihnen dabei helfen, die speziell für Sie liebenswerten Seiten an Ihrer Frau wieder deutlicher zu sehen und dadurch weg zu kommen von einem vagen Gefühl von „Wir lieben uns doch…“ hin zu einem konkreten „Ich liebe Dich, weil…“. Und dieses „weil…“ muß wieder konkreter werden, braucht wieder mehr Farbe. Sie haben Sich und Ihre Frau in Gesprächen als stur und auf Ihrem Recht beharrend beschrieben. Dann gibt es Krach, und die Gespräche enden meist unbefriedigend. Wenn das passiert, kann es daran liegen, dass beide Gesprächspartner sehr auf den Gesprächsinhalt fixiert sind, gleichzeitig aber Themen auf der Beziehungsebene mitschwingen, auf die jedoch nicht eingegangen wird. Vielleicht schreckt Sie manchmal die Schärfe und Heftigkeit der Argumentation Ihrer Frau. Sie reagieren darauf abwehrend, woraufhin Ihre Frau noch vehementer wird usw. Versuchen Sie einmal, in einer Diskussion bei Sich selbst nachzuspüren, was Sie zu dem empfinden, was Ihre Frau sagt und wie sie es sagt. Vielleicht sind da Gefühle wie Verwunderung, Erstaunen, Verwirrung, vielleicht auch Erschrecken oder Trauer, vielleicht auch Ärger oder Wut. Wenn es Ihnen möglich ist, sprechen Sie diese Gefühle möglichst neutral und ohne Wertung Ihrer Frau gegenüber an. Sagen Sie z.B.: „Mich verwundert Dein vehementer Ausdruck“, ohne jedoch darin die Aufforderung zu verpacken, dass Ihre Frau sich gemäßigter ausdrücken sollte. Versuchen Sie aber für den Anfang, Gefühle wegzulassen, die negativ besetzt sind wie Ärger oder Wut. Und wenn Sie etwas, was Ihre Frau gesagt hat, nicht genau verstanden haben, fragen Sie nach. Damit vermitteln Sie ihr das Gefühl, dass Sie sie respektieren. Mich würde interessieren, ob Ihnen meine Antworten helfen konnten und wie es Ihnen damit ergangen ist.

Mit freundlichen Grüßen
www.vordermann.at

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